Da bin ich nun: In Jerusalem, einer der ältesten Städte der Welt. Irgendwie ist es hier genauso, wie ich es mir vorgestellt habe. Aber dann ist es auch wieder ganz anders. Ach, man kann es nicht beschreiben. Von diesem Flecken Erde geht ein eine unglaubliche Energie aus.
Eine eigene Welt
Wenn du die Altstadt durch eines der acht Tore betrittst, stolperst du in ein kleines verkapseltes Universum. Uralte Gassen, kleine Plätze, unzählige Kirchen, Gotteshäuser, Moscheen, eine Klagemauer, Rabbis, die ein Musikvideo drehen, orientalisch-orthodoxe Christen, Imame, kleine Marktstände, unterirdische Katakomben, Muezzin-Gesang beim Sonnenuntergang über den Dächern der Altstadt. Das alles ist unwirklich.
Jerusalem wirkt so alt und erhaben, dass sie auf ganz natürliche Weise eine spirituelle Anziehung ausübt. Das, was du hier siehst und erlebst, kannst du nur schwer erklären.
Das Jerusalem-Syndrom
Unzählige Menschen aller drei Religionen teilen sich diesen kleinen Platz auf der Welt, bauen Kirchen, Moscheen und Tempel. Und warten gespannt darauf, dass der Messias und Heiland auf dem Ölberg erscheint, durch die Stadttore das Allerheiligste betritt und anschließend ein neues Zeitalter einläutet. Sie warten jeden Tag. Sie glauben so sehr daran, dass einige von ihnen beginnen, den Messias zu sehen oder sich selbst für ein
gottgleiches Wesen halten. Man nennt es auch das Jerusalem-Syndrom. Das gibt es nur hier. Nirgendwo sonst.
Eine Gegenseitige Abhängigkeit
Orthodoxe Juden beten Tag und Nacht an der Klagemauer. Sie wird zu keiner Tages- und Uhrzeit verlassen sein. Menschenmassen drängen sich durch die Grabeskirche und küssen im Akkord Jesus‘ Grabplatte. Ein Muezzin ruft erneut zum Gebet.
Diese Stadt lebt von den Menschen und die Menschen leben von der Stadt. Eine gegenseitige Abhängigkeit, wie man sie nirgends auf der Welt findet.
Und doch: In Jerusalem treffen die Anhänger drei größten und bedeutendsten Religionen der Welt aufeinander, teils in Akzeptanz, teils im Hass.
Ja es stimmt: Es gibt immer wieder Anschläge. Aber einmal die wenigen Kleingeistigen beiseitegeschoben, die andere Menschen wegen ihrer Art oder ihres Glaubens tot sehen wollen: Hier leben alle drei Religionen friedlich nebeneinander und miteinander.
Eine erstaunliche Stadt.